Effekte von Spiegelkonfrontation auf Körperbild, Essstörungspathologie und Affekt bei Frauen und Männern sowie Patientinnen mit Anorexia und Bulimia nervosa

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https://doi.org/10.48693/269
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Titel: Effekte von Spiegelkonfrontation auf Körperbild, Essstörungspathologie und Affekt bei Frauen und Männern sowie Patientinnen mit Anorexia und Bulimia nervosa
Sonstige Titel: Effects of mirror exposure on body image, eating disorder pathology, and affect in women and men as well as female patients with anorexia and bulimia nervosa
Autor(en): Tanck, Julia Alexandra
ORCID des Autors: https://orcid.org/0000-0003-3457-7118
Erstgutachter: Prof. Dr. Silja Vocks
Zweitgutachter: Prof. Dr. Julia Becker
Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Ein negatives Körperbild spielt eine zentrale Rolle bei Entstehung und Aufrechterhaltung von Körperbild- und Essstörungen und manifestiert sich in einer verzerrten Wahrnehmung der eigenen Körperdimensionen, in ausgeprägten negativen körperbezogenen Gedanken und Affekten sowie in dysfunktionalen Verhaltensweisen, wie einem ritualisierten Kontrollieren des eigenen Körpers (Body Checking) und der Vermeidung der Konfrontation mit dem eigenen Körper (Body Avoidance). Die Spiegelkonfrontation stellt als eine kognitiv-behaviorale psychotherapeutische Technik eine der effektivsten Maßnahmen zur Behandlung eines negativen Körperbildes dar. Unklarheit herrscht jedoch über die genauen Wirkmechanismen, den effektiven Einsatz der Spiegelkonfrontationen bei Patientinnen im Untergewicht, sowie die erfolgversprechendste therapeutengeleitete Instruktion zur Verbalisierung körperbezogener Gedanken und Affekte während der Spiegelkonfrontation. Innerhalb der vorliegenden Dissertation wurde daher untersucht, welche Variante der Spiegelkonfrontation bei unterschiedlichen Stichproben am wirksamsten ist und wie die Instruktion zur Verbalisierung gestaltet werden sollte. Vor diesem theoretischen Hintergrund wurde daher zunächst im Rahmen einer Überblicksarbeit die aktuelle Befundlage zu körperbildbezogenen Therapieansätzen bei Essstörungen dargestellt und kognitiv-behaviorale Techniken zur Verbesserung des Körperbildes hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beleuchtet. In der empirischen Studie 1 wurde in einem experimentellen Crossover-Design überprüft, ob sich Frauen und Männer in ihrer affektiven Reaktion auf Body Checking an subjektiv attraktiv und subjektiv unattraktiv bewerteten Körperbereichen unterscheiden. Die empirische Studie 2 befasste sich mit dem Vergleich zweier Durchführungsvarianten der Spiegelkonfrontation bei gesunden Frauen, während in der empirischen Studie 3 die Effekte von Spiegelkonfrontationen mit der Instruktion zur positiven Verbalisierung körperbezogener Gedanken und Affekte bei Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN) und Bulimia nervosa (BN) untersucht wurden. Methode: Für Studie 1 wurden insgesamt N = 120 gesunde Probandinnen und Probanden, bestehend aus Frauen (n = 60) und Männern (n = 60) rekrutiert und in positiver und negativer Experimentalbedingung mittels standardisierter tonbandgeleiteter Instruktionen zur Ausführung von Body Checking-Verhalten angeleitet und gebeten, ihren aktuellen Affekt und ihre körperliche Zufriedenheit einzuschätzen. In der negativen Body Checking-Bedingung erhielten die Probandinnen und Probanden Instruktionen zum Kontrollieren subjektiv unattraktiv bewerteter Körperbereiche, während die positive Body Checking-Bedingung aus dem Kontrollieren subjektiv attraktiv bewerteter Körperbereiche bestand. In Studie 2 durchliefen N = 73 gesunde Frauen drei standardisierte Spiegelkonfrontationen und wurden per Zufall entweder der positiven Verbalisierung (n = 38) oder der negativen Verbalisierung (n = 35) zugeteilt. In der positiven Verbalisierungsbedingung wurden sie instruiert, ihren gesamten Körper positiv zu beschreiben, während sie in der negativen Verbalisierungsbedingung negative Aspekte ihres gesamten Körpers wiedergeben sollten. Ebenfalls wurde die positive Verbalisierungsbedingung in Studie 3 eingesetzt, wobei insgesamt N = 47 Patientinnen (AN n = 28; BN n = 19) drei therapeutengeleitete Spiegelkonfrontationen mit der Instruktion, ausschließlich positive Aspekte ihres gesamten Körpers zu beschreiben, erhielten. Die Teilnehmerinnen in Studie 2 und Studie 3 beantworteten vor der ersten und nach der dritten Spiegelkonfrontationen Fragebögen zu Essstörungspathologie und Körperbild. Darüber hinaus wurden Instrumente zu State-Körperzufriedenheit, sowie positivem und negativem Affekt vor und nach jeder einzelnen Spiegelkonfrontationssitzung bearbeitet, sowie die subjektive physiologische Arousal und die körperbereichsbezogene Gefühlslage innerhalb jeder Sitzung vor und nach der Konfrontation mit jedem einzelnen Körperbereich abgefragt. Ergebnisse: In Studie 1 konnte gezeigt werden, dass sowohl die negative Body Checking-Bedingung als auch die positive Body Checking-Bedingung zu erhöhtem negativen Affekt bei Frauen und Männern führte. Männer berichteten eine höhere Körperzufriedenheit als Frauen über alle Bedingungen hinweg, während Frauen nach der negativen Body Checking Bedingung eine niedrigere Körperzufriedenheit angaben als Männer. In Studie 2 zeigte sich, dass die negative Verbalisierungsbedingung im Vergleich zur positiven Verbalisierungsbedingung innerhalb der Spiegelkonfrontationssitzungen zu einem Abfall von positivem Affekt und Körperzufriedenheit führte, während der negative Affekt anstieg. Zwischen den Sitzungen zeigte sich sowohl ein Abfall des negativen Affekts als auch des positiven Affekts sowie ein Anstieg der Körperzufriedenheit in beiden Bedingungen, während sich bezüglich der Essstörungspathologie keine Veränderungen ergaben. Im Gegensatz dazu ergab Studie 3 signifikante Verbesserungen der Essstörungspathologie sowie des negativen Körperbildes sowohl bei Patientinnen mit BN als auch mit AN. In den State-Maßen zeigte sich ein niedrigerer negativer Affekt und eine höhere Körperzufriedenheit über die Spiegelkonfrontationssitzungen hinweg bei beiden Störungsbildern. Das subjektive physiologische Arousal im Laufe der Spiegelkonfrontationen sank, während sich die Gefühlslage bezogen auf die adressierten Körperbereiche verbesserte. Diskussion: Die Ergebnisse des Anstiegs an negativem Affekt durch die Ausführung von Body Checking unabhängig von der Attraktivitätsbewertung des kontrollierten Körperbereichs in Studie 1 deuten darauf hin, dass Body Checking-Verhalten einen unmittelbaren Einfluss auf den körperbezogenen Affekt beider Geschlechter zu haben scheint und möglicherweise an der Aufrechterhaltung eines negativen Körperbildes beteiligt sein könnte. Darüber hinaus legt der Abfall von Körperzufriedenheit bei Frauen verglichen mit Männern nahe, dass Body Checking sich stärker auf die Körperzufriedenheit von Frauen als von Männern auszuwirken scheint, was Hinweise auf unterschiedliche Foki in der Körperbildtherapie bei Frauen und Männern liefern könnte. Des Weiteren zeigte sich in Studie 2, dass auch gesunde Frauen eine Anfälligkeit zur negativen kognitiven Verarbeitung des eigenen Körpers im Rahmen von Spiegelkonfrontationen bei entsprechender negativer Verbalisierung aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass die positive Verbalisierungsbedingung aufgrund der niedrigeren Aversivität die zu bevorzugende Durchführungsvariante der Spiegelkonfrontation sein könnte. Die positive Verbalisierungsbedingung erwies sich in Studie 2 bei gesunden Frauen sowie in Studie 3 bei Patientinnen mit AN als auch BN – unabhängig vom aktuellen Gewicht der Patientin – als effektive Instruktion der Beschreibung positiver körperbezogener Gedanken und Affekte zur Verbesserung des Körperbildes. Die im Rahmen von Studie 3 gewonnenen Ergebnisse der gleichermaßen verbesserten Essstörungspathologie bei Patientinnen mit AN und BN liefern Hinweise darauf, dass Patientinnen im Untergewicht ebenso von dem wiederholten Einsatz von Spiegelkonfrontationen mit der Instruktion zur positiven Verbalisierung zu profitieren scheinen. Auf Basis dieser Ergebnisse kann geschlossen werden, dass der Wirkmechanismus der kognitiven Dissonanz, der mit der positiven Verbalisierungsbedingung assoziiert sein könnte, ein zentraler Wirkmechanismus für den erfolgreichen Einsatz von Spiegelkonfrontationen in gesunden und klinischen Stichproben mit Essstörungen sein könnte.
URL: https://doi.org/10.48693/269
https://osnadocs.ub.uni-osnabrueck.de/handle/ds-202303018448
Schlagworte: Spiegelkonfrontation; Essstörungen; Körperbild; Anorexia nervosa; Bulimia nervosa
Erscheinungsdatum: 1-Mär-2023
Lizenzbezeichnung: Attribution-NoDerivs 3.0 Germany
URL der Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/de/
Publikationstyp: Dissertation oder Habilitation [doctoralThesis]
Enthalten in den Sammlungen:FB08 - E-Dissertationen

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